Podcast An der Quelle #8: Lucile Dreidemy

Welche Lehren wir aus dem Austrofaschismus ziehen können

18. Dezember 2024 von Mario Wasserfaller
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Die Zeithistorikerin Lucile Dreidemy beschäftigt sich intensiv mit dem Austrofaschismus und der Frage, was wir aus der Geschichte lernen können. Der Blick zurück sei heute freilich nicht genug, um die angeschlagene Demokratie zu bewahren: Dazu brauche es auch ein konsequentes sozialpolitisches Engagement.

Die parlamentarische Demokratie wurde in Österreich 1933 abgeschafft, an ihre Stelle trat eine Diktatur unter dem Kanzler Engelbert Dollfuß, die nach seinem Tod 1934 von Kurt Schuschnigg weitergeführt wurde. Im Podcast-Interview erklärt Lucile Dreidemy, die seit dem Wintersemester 2024 die Professur für Österreichische Zeitgeschichte seit 1918 im internationalen Kontext an der Universität Wien innehat, wie es mit der Ersten Republik nach nicht einmal 15 Jahren schon wieder vorbei sein konnte. Die heute als Austrofaschismus bekannte Ära endete mit dem sogenannten Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland 1938 und gilt als ein warnendes Beispiel für die Erosion demokratischer Strukturen.

Auch heute steht die Demokratie wieder von vielen Seiten unter Druck. Eine klare Parallele ist für Dreidemy die schlechte wirtschaftliche Lage, die den Boden für faschistische Tendenzen bereitet: "Wenn wir den Zuwachs von faschistischen Tendenzen oder radikal konservativen Tendenzen oder die Radikalisierung konservativer Parteien beobachten, dann merken wir jedes Mal, dass das unheimlich verbunden ist mit einer wirtschaftlichen Lage, wo immer mehr Menschen einen stärkeren Druck in ihrem Leben spüren."

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Es braucht ein glaubhaftes, konsequentes sozialpolitisches Engagement, ohne das es auch keine Demokratie gibt.
Lucile Dreidemy

"Geht wählen!" reicht nicht

Gleichzeitig sei es eine Verantwortung vor allem der linken Parteien, klar zu machen, dass es nicht genüge, dazu aufzurufen: "Geht wählen, die Demokratie ist in Gefahr!" Das werde die Demokratie nicht retten, sondern diese müsse ein soziales Fundament haben: "Es braucht ein glaubhaftes, konsequentes sozialpolitisches Engagement, ohne welches es auch keine Demokratie gibt."

Lucile Dreidemy hat am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien viel vor. Neben dem Austrofaschismus erforscht die ausgewiesene Dollfuß-Expertin auch das Thema Kolonialismus und Antikolonialismus, wie sie im Podcast-Interview erzählt. Abseits der Forschung lässt die gebürtige Französin wissen, mit welchen historischen Persönlichkeiten sie auf einen Cocktail gehen würde, dass sie neben anderen akademischen Themen auch gerne lernen würde, Haare zu schneiden, und bestätigt bei kulinarischen Vorlieben neben Marillenknödeln doch auch einige französische Klischees. Jetzt reinhören:

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Alle Infos und Sendetermine

 

© Alexander Bachmayer
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Lucile Dreidemy ist seit Oktober 2024 Professorin für österreichische Zeitgeschichte seit 1918 im internationalen Kontext an der Universität Wien. Ihr akademischer Fokus liegt u.a. auf der Geschichte des (Austro-)Faschismus und der Sozialdemokratie, der Entwicklungspolitik während des Kalten Krieges und der Kolonialismusgeschichte.

Neben ihrer Lehrtätigkeit organisiert sie regelmäßig internationale Konferenzen und Workshops und ist Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Beiräte. Lucile Dreidemy wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Theodor-Körner-Preis. In der dritten Staffel der ORF III-Reihe "Österreich – die ganze Geschichte" (Ausstrahlung 2025) ist sie als Expertin zum Thema "Die Uhren werden zurückgedreht - Die Jahre der Diktatur (1933-1938)" zu Gast.

Historische Tondokumente

Die in der Podcast-Folge verwendeten historischen Tondokumente wurden von der Österreichischen Mediathek zur Verfügung gestellt.

Die Dokumente können in voller Länge hier abgerufen werden: