Podcast An der Quelle #12: Laura Koesten

Wie man Daten zum Sprechen bringen kann

15. Mai 2025 von Mario Wasserfaller
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Die Informatikerin Laura Koesten erforscht, wie Menschen Daten am besten visuell begreifen können. Ihr Ziel ist es, komplexe Informationen so aufzubereiten, dass sie intuitiv verständlich werden – und die unsichtbaren Barrieren aufzudecken, die diesem Verständnis im Weg stehen.

Verstehen wir wirklich, was uns Grafiken und Diagramme sagen wollen? Das ist die zentrale Frage des vom WWTF geförderten Projekts Talking Charts, in dem Laura Koesten und ihr Team untersuchen, wie gut Menschen grafische Darstellungen interpretieren können und welche Hürden dabei entstehen. „Eigentlich wissen wir noch viel zu wenig darüber, wie Datenvisualisierungen verstanden werden“, sagt die Forscherin von der Research Group Visualization and Data Analysis an der Fakultät für Informatik der Uni Wien im Podcast-Interview. Die Annahme, dass Balken-, Linien- oder Tortendiagramme immer verständlich sind, sei ein Trugschluss, erklärt sie: „Wir haben gesehen, dass selbst einfachste Diagramme oft unterschiedlich interpretiert werden.“

Dieser Prämisse geht die Computerwissenschafterin mit einem Mix aus Methoden auf den Grund – einmal durch Umfragen auf der Straße, einmal in Workshops mit Journalist*innen, die selbst Grafiken erstellen, einmal mit Forschenden, die ihre Daten zunächst verbal erklären sollen, um deren Sinn zu erschließen. Immer mit dem Ziel vor Augen, Daten aller Art in die anschaulichste Form zu überführen, um komplexe Themen wie den Klimawandel oder die Corona-Pandemie auf einen Blick greifbar zu machen.

Selbst einfachste Diagramme werden oft unterschiedlich interpretiert.
Laura Koesten

Vom Party-Gag zur IT-Karriere

Die Karriere der Forscherin verlief unkonventionell, und das bietet Stoff für Anekdoten. Mit einem Schmunzeln erzählt die einstige Physiotherapeutin im Interview, wie sie sich auf Partys davor rettete, ständig Tipps zu allerlei Wehwehchen geben zu müssen: „Wenn ich keine Lust hatte, über meinen Beruf zu sprechen, habe ich gesagt: Ich arbeite in der IT. Weil das zu dem Zeitpunkt das Langweiligste war, was ich mir vorstellen konnte.“

Ironischerweise wurde der harmlose Gag für Koesten zur selbst erfüllenden Prophezeiung, schlug sie doch tatsächlich den Weg in die IT ein. Langeweile kam auf dem Weg zur Computerwissenschafterin garantiert nicht auf, wie schon ihre ersten Studien- und Forschungsstationen dokumentieren: Ihren Doktortitel erwarb sie am Open Data Institute in London und an der Universität Southampton, bevor sie als Postdoc zur Research Group for Visualization and Data Analysis der Uni Wien wechselte.

 

Ausgezeichnete Forschung

Für ihre Forschung wurde Laura Koesten im Vorjahr mit dem Hedy-Lamarr-Preis der Stadt Wien ausgezeichnet, der die Rolle und Bedeutung von Frauen in der IT-Branche betont.

Erst jüngst wurde die im Rahmen von Talking Charts entstandene Publikation „Encountering Friction, Understanding Crises: How Do Digital Natives Make Sense of Crisis Maps?“ auf der ACM CHI Conference on Human Factors in Computing Systems in Yokohama (Japan), mit einem „Honorable Mention Award“ prämiert.

Culture Clash mit humanem Touch

Entsprechend weiß sie auch von kulturellen Unterschieden zu berichten - etwa warum übermäßiges Lob für eine Österreicherin in England durchaus befremdlich wirken kann. Wer erfahren möchte, was man beim „Humanisieren“ von Daten beachten muss und warum Karrierewege manchmal überraschende Wendungen nehmen können, sollte sich die neueste Folge von An der Quelle nicht entgehen lassen. Jetzt reinhören!

Digital Humanism Conference

Von 26. bis 28. Mai 2025 findet die Digital Humanism Conference in Wien statt. Unter dem Motto: „Shaping our digital future“ bringt die Konferenz globale Denker*innen, Innovator*innen und politische Entscheidungsträger zusammen, um das Potenzial des Digitalen Humanismus zu erkunden. 

Laura Koesten, Mark Coeckelbergh und andere Wissenschafter*innen der Uni Wien sind als Vortragende mit dabei.

>> Hier geht´s zum Programm 

Laura Koesten forscht im Bereich Human-Data-Interaction und ist assoziiert mit der Fakultät für Informatik der Universität Wien, Assistant Professor an der MBZUAI und Senior Scientist am Austrian Institute of Technology (AIT). Sie leitet als Principal Investigator das WWTF-Digital-Humanism-Projekt “Talking Charts”. 2024 erhielt sie den Hedy-Lamarr-Preis der Stadt Wien.

Ihre Forschung konzentriert sich darauf, das Verständnis von Daten, Visualisierungen und Modellen zu verbessern. Dabei stehen inklusive, ethische und kollaborative Ansätze zur Wiederverwendung und Erklärbarkeit von Daten im Mittelpunkt. Ihren Doktortitel in Informatik erwarb sie an der University of Southampton in Zusammenarbeit mit dem Open Data Institute in London.