Konsumverhalten

Auf der Suche nach dem besten Preis

16. Jänner 2019 von Markus Steiner
Wie suchen Konsument*innen nach Preisen, bevor sie eine Kaufentscheidung treffen? Und wie beeinflusst das Suchverhalten wiederum die Preise und Märkte? Zur Beantwortung dieser Fragen analysieren Volkswirtschafter der Uni Wien Unmengen von Online-Shopping-Daten.

Es ist wieder einmal soweit: Sie brauchen ein neues Handy, möchten einen neuen Fernseher kaufen oder den nächsten Familienurlaub buchen. Wie gehen Sie vor? Wo und wie informieren Sie sich über Preise der am Markt angebotenen Produkte? Und wann entscheiden Sie sich, für eines davon tatsächlich Ihr schwer verdientes Geld auszugeben?

Fragen wie diese stehen im Zentrum eines aktuellen FWF-Projekts, das von Philipp Schmidt-Dengler mit Daniel Garcia am Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Wien geleitet wird. "Das Preissuchverhalten von KonsumentInnen spielt für die Absatzpolitik von Unternehmen und damit für die Funktionsweise von Märkten eine wichtige Rolle. Es beeinflusst außerdem die Preisbildung: Je weniger die VerbraucherInnen nach Preisinformationen suchen, desto größer ist der Spielraum für die Preispolitik der Anbieter. Das Suchverhalten ist deshalb für die volkswirtschaftliche Forschung von großem Interesse", erklärt Wirtschaftswissenschafter Philipp Schmidt-Dengler.

Ungelöstes Rätsel

Wie genau in der Praxis nach Preisen gesucht wird, wollen Schmidt-Dengler und sein Projektteam in den nächsten drei Jahren herausfinden. "Für KonsumentInnen sind oft nicht alle Preisinformationen frei zugänglich. Sie müssen sich die für ihre Kaufentscheidung relevanten Informationen erst beschaffen, was meist mühsam ist und Kosten verursacht – und sei es nur die Zeit, die man dafür aufwendet", stellt der Experte klar.

Im Projekt möchten die Forscher auch ein bislang ungelöstes Rätsel der Ökonomie näher beleuchten: Wie kann es sein, dass vollkommen idente Produkte zu unterschiedlichen Preisen angeboten werden? Sollte nicht eigentlich der Wettbewerb dazu führen, dass sich Anbieter immer weiter unterbieten, bis sie ihre Kosten gerade noch decken können? "Die beste allgemeine Erklärung hierfür ist die Tatsache, dass die KonsumentInnen meistens nicht vollständig über die herrschenden Marktpreise informiert sind. Das ist auch die Ausgangsthese unserer Forschung", so der Wissenschafter.

Tankstelle mit Auto davor
"Ob KonsumentInnen über die Preisverteilung Bescheid wissen, hängt sehr stark vom jeweiligen Markt und der Umgebung ab. Eine Pendlerin oder ein Pendler hat zum Beispiel meist einen sehr guten Überblick über die Benzinpreise an den Tankstellen. Wenn man wie ich nur einmal im Monat tankt, hat man das meist nicht", meint Philipp Schmidt-Denger. © flickr/Matthias

Unterschiedliches Suchverhalten

Alle theoretischen Modelle zur Erklärung dieser Preisstreuung gehen von einem bestimmten Suchverhalten der VerbraucherInnen aus. In einem Fall ist es die Annahme, dass KonsumentInnen schon bevor sie eine Kaufentscheidung treffen, wissen, welche Geschäfte sie besuchen werden. Im anderen Fall besuchen KonsumentInnen mehrere Geschäfte und entscheiden anschließend, ob sie weitersuchen sollen oder nicht.

"Die Form des Suchverhaltens ist von fundamentaler Bedeutung für die Bewertung eines Marktes. Im Projekt möchten wir einen empirischen Test entwickeln, der zwischen diesen Formen des Suchverhaltens unterscheiden kann, um herauszufinden, welches das geeignetere Modell für die Analyse eines bestimmten Marktes ist. Der Test soll dabei, statistisch gesehen, so robust sein, dass er auch funktioniert, wenn die KonsumentInnen die zugrunde liegende Preisverteilung nicht kennen – das ist das Neue an unserem Ansatz", fasst Schmidt-Dengler zusammen.

Datenbank aus den USA

Um den Test entwickeln zu können, haben Garcia und Schmidt-Dengler von einem US-Marktforschungsinstitut einen großen Datensatz aus den USA angekauft, der dem Projektteam einen Einblick in das spezifische KonsumentInnensuchverhalten beim Online-Shopping eröffnen soll. "Viele renommierte Universitäten nutzen diese Daten für ihre Forschung. Man kann damit sehr strukturiert arbeiten. Das Datenmaterial lässt sich über bestimmte Faktoren eingrenzen und durchsuchen. Anschließend verwenden wir eine spezielle statistische Software, um Zusammenhänge herauszufiltern und Modelle zu erstellen", schildert der Experte die Vorgehensweise.

Das Ergebnis ist eine Teststatistik, die aussagt, ob man eine konkrete Hypothese ablehnen oder annehmen kann. "Ein solches Tool kann letztlich bei verschiedenen ökonomischen Fragen genutzt werden – insbesondere in der Wettbewerbspolitik. Zum Beispiel lässt sich damit prüfen, was eine Fusion zweier Firmen für den Wettbewerb und damit auch für die Preisgestaltung am Markt bedeutet", erläutert der Volkswirtschafter und stellt klar: "Uns geht es dabei aber nicht um die Profite einzelner Unternehmen, sondern das gesamtgesellschaftliche Wohl". (ms)

© Barbara Mair
© Barbara Mair
Philipp Schmidt-Dengler ist seit 2014 Professor für Volkswirtschaftslehre an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften. Seine Forschungsschwerpunkte sind Industrieökonomie, Wettbewerbspolitik, angewandte Ökonometrie und angewandte Mikroökonomie.
© Universität Wien
© Universität Wien
Daniel Garcia ist Assistenzprofessor an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Wien. Er forscht an Anwendungen der Informationsökonomie zur Untersuchung von Märkten.