Nanopartikel

"Patient*innen Nebenwirkungen ersparen"

18. Dezember 2020 von Pia Gärtner
Der Chemiker Michael Reithofer beschäftigt sich in seiner Forschung mit Metallnanopartikeln, die Medikamente effektiver an ihren vorgesehenen Wirkungsort im Körper bringen sollen. Im Interview erklärt der Wissenschafter, wie die Nanomaterialien dabei zum Einsatz kommen.
Bindet man Wirkstoffe an Nanopartikel, sind diese Kleinteilchen in der Lage, den Wirkstoff an den gewünschten Wirkungsort im Körper zu transportieren. © Alexia Tialiou

Rudolphina: Sie forschen unter anderem zu molekularen Materialien und Nanomaterialien. Was sind Nanomaterialien und mit welchen Anwendungen beschäftigen Sie sich?

Michael Reithofer: Im Prinzip versteht man darunter Partikel, die im Nanogrößenbereich sind. Wir befinden uns also in einem Bereich, den man mit dem freien Auge nicht mehr sehen kann. Solche Nanomaterialien finden mittlerweile rege Anwendung in der Medizin, vor allem im Wirkstoff-Transport.

Rudolphina: Welche Zukunftsentwicklungen gibt es in dem Bereich?

Reithofer: Wir forschen vor allem an Metallnanopartikel und Peptid-basierenden Nanomaterialien. Hier wollen wir neue Methoden entwickeln, indem wir die Eigenschaften der von uns designten Nanomaterialien nutzen, um Medikamente effektiv in den Körper einzuschleusen. Die Idee dahinter ist, dass man Wirkstoffe an die Nanopartikel bindet und so eine hohe Selektivität erreicht, da diese Kleinteilchen in der Lage sind, den Wirkstoff an den gewünschten Wirkungsort zu transportieren. Wir entwickeln hierzu vor allem neue Technologien, um Medikamente sehr effektiv an die Nanopartikel zu binden und deren Stabilität in biologischen Systemen zu erhöhen.

Rudolphina: Was nützen diese Methoden?

Reithofer: Wir können so eine vorzeitige Wirkung der aktiven Stoffe unterdrücken und deren Effektivität erhöhen. Dadurch könnte man Patient*innen Nebenwirkungen weitestgehend ersparen. Das kann zum Beispiel in der Chemotherapie von großer Bedeutung sein und findet auch Anwendung in der medizinischen Diagnostik.

Rudolphina: Wie kommt Ihre Forschung in der Gesellschaft an?

Reithofer: Als Wissenschafter hat man immer die Motivation, dass die Forschung, die man betreibt, Einfluss auf die Gesellschaft nehmen kann. Das heißt auch, dass wir tatsächliche Fragestellungen der Gesellschaft behandeln und hoffen, dass die Technologien, die wir entwickeln, darauf Antworten geben können. Ich bin auch in der glücklichen Lage, dass ich in mehreren Ländern Forschung betrieben habe und schon miterleben durfte, wie Forschung von Firmen übernommen und zu Produkten weiterentwickelt wurde. Das heißt: Der Traum kann wahr werden!

Rudolphina: Was antworten Sie auf unsere Semesterfrage: Welche Wirkstoffe haben Zukunft?

Reithofer: Die Gesellschaft ist daran gewöhnt, Zugang zu modernen und effizienten Medikamenten zu haben. Leider wird oft übersehen, dass vor allem Antibiotika in ihrer Wirkung immer limitierter werden und die Antibiotika-Resistenz von Bakterien zunimmt. Die Resistenzen stellen ein großes Problem für die Gesellschaft dar und auch die WHO hat das Thema als eine ihrer Forschungsprioritäten gesetzt. Ich denke, dass hier ein sehr starker Beitrag stattfinden kann. Leider sind sehr wenige neue Antibiotika in klinischer Testung, daher besteht ein großer Bedarf. Wir versuchen, in diese Richtung neue Nanomaterialien und Medikamente zu entwickeln.

Rudolphina: Vielen Dank für das Gespräch! (pg)

© Alexia Tialiou
© Alexia Tialiou
Michael Reithofer ist seit 2018 Assoziierter Professor am Institut für Anorganische Chemie. Sein Forschungsschwerpunkt liegt bei molekularen- und Nanomaterialien für die Anwendung in der Medizin sowie im Wirkstofftransport.

Er studierte Chemie an der Universität Wien und erhielt das renommierte Erwin-Schrödinger-Stipendium des FWF, das ihm 2008 die Zusammenarbeit mit dem Nobelpreisträger Richard Schrock am MIT ermöglichte.