Arzneistoffe

Naturstoffe im Kampf gegen das Coronavirus

Nur ein Drittel aller Arzneien sind rein synthetisch. Der überwiegende Anteil kommt aus der Natur. Judith Rollinger und Ulrike Grienke vom Department für Pharmakognosie der Universität Wien spüren mit innovativen Methoden natürliche Arzneistoff-Kandidaten auf, die gegen das Coronavirus zum Einsatz kommen könnten.
© Universität Wien

"Wir versuchen in der Pharmakognosie, uns die Naturstoffe genauer anzuschauen und gehen auch stark davon aus, dass es Wirkstoffe sind, die eine pluripotente Funktion haben. Wir wollen auch von althergebrachten Heilmitteln wissen: Wie wirken sie? Welche Inhaltsstoffe sind es, die dafür ausschlaggebend sind? Somit können wir in Richtung Evidenzbasierte Medizin vorgehen", so Judith Rollinger vom Department für Pharmakognosie der Universität Wien.

Influenzaviren und Coronavirus im Fokus

"Ganz konkret sind es Influenzaviren, aber auch das neuartige Coronavirus und Pneumokokken, die im Hauptfokus in unserer Forschung stehen", erklärt Rollinger, die gemeinsam mit Projektmitarbeiterin Ulrike Grienke im Rahmen des FWF-Projekts "Naturstoffe gegen akute respiratorische Infektionen" nach Wirkstoffen aus der Natur gegen das neuartige Coronavirus sucht. "Naturstoffgemische sind meist sehr komplex, das bedeutet, es sind hunderte, tausende Inhaltsstoffe vorhanden", so Grienke und ergänzt: "Wir versuchen, mithilfe von Big Data Analysis diese Komplexität zu fassen. Dies hilft uns, zielgerichtet Substanzen aus diesen komplexen Gemischen herauszufischen. Interessanterweise haben wir hier z.B. einen Inhaltsstoff aus der weißen Maulbeerbaum-Rinde gefunden, der sogar gegen Viren und Bakterien eine Aktivität zeigte."

Wo steht die wissenschaftliche Suche nach Wirkstoffen gegen das neuartige Coronavirus? Rollinger: "Wir sind überzeugt davon, dass Naturstoffe hier eine große Inspiration darstellen. Unabhängig von irgendwelchen esoterischen Einflüssen." (ps)

Das FWF-Projekt "Naturstoffe gegen akute respiratorische Infektionen" läuft von 1.10.2020 bis 30.09.2023 unter der Leitung von Univ.-Prof. Mag. Dr. Judith Maria Rollinger vom Department für Pharmakognosie der Universität Wien. Projektmitarbeiterin ist Dr. Ulrike Grienke vom Department für Pharmakognosie. Das Projekt wurde im Rahmen der Akutförderung SARS-CoV-2 des FWF bewilligt. 

© Barbara Mair
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Judith Maria Rollinger ist seit 2014 Professorin für Pharmakognosie/Pharmazeutische Biologie am Department für Pharmakognosie der Universität Wien. Ihr Forschungsschwerpunkt ist u.a. die Leitstruktursuche aus natürlichen Organismen mittels computerunterstützen Methoden mit Fokus auf metabolisches Syndrom, virale und entzündliche Erkrankungen.

Rollinger forscht außerdem zur Verknüpfung ethnopharmakologischen Wissens mit modernen Methoden der Leitstrukturfindung.

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Ulrike Grienke ist Mitarbeiterin am Department für Pharmakognosie im Fachbereich Pharmazeutische Wissenschaften. Ihre Forschungsschwerpunkte sind u.a. Phytochemie & Biodiscovery, sowie die Entdeckung von bleiähnlichen Bestandteilen aus natürlichen Quellen durch biochemometrische Methoden.