Astrophysik

Omega Centauri: Schwarzes Loch in Erdnähe entdeckt

Extrem schnelle Sterne in Omega Centauri zeigen: Im Zentrum dieses Sternhaufens befindet sich ein Schwarzes Loch mit mindestens 8.200 Sonnenmassen, das der Erde sehr nahe ist. Im Video erzählen die Uni Wien Forscher*innen von ihrer Entdeckung, mit der erstmals die Existenz eines Schwarzen Lochs mittlerer Masse nachgewiesen wird.
Im Video erzählen Anja Feldmeier-Krause und Glenn van de Ven von ihrer Entdeckung eines Schwarzen Lochs: Es ist der Kern einer Galaxie, die von der Milchstraße verschluckt wurde.

Omega Centauri ist eine spektakuläre Ansammlung von etwa zehn Millionen Sternen, die in südlichen Breitengraden als Fleck am Nachthimmel sichtbar ist. Durch ein kleines Teleskop sieht er nicht anders aus als andere so genannte Kugelsternhaufen. Eine neue Studie bestätigt nun, was Astronom*innen schon seit längerem vermutet hatten: Omega Centauri enthält ein zentrales Schwarzes Loch. Mit einer Entfernung von etwa 18.000 Lichtjahren ist dies das nächstgelegene bekannte Beispiel für ein massereiches Schwarzes Loch. Im Vergleich dazu: Das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße befindet sich rund 27.000 Lichtjahre von der Erde entfernt.

Der Fund bestätigt außerdem, dass Omega Centauri die Kernregion einer Galaxie ist, die vor Milliarden von Jahren von der Milchstraße verschluckt wurde. Ohne seine äußeren Sterne hat sich der Galaxienkern seither so gut wie nicht weiterentwickelt. Die Studie, an der unter anderem Glenn van de Ven und Anja Feldmeier-Krause von der Uni Wien beteiligt waren, wurde aktuell im renommierten Fachmagazin Nature veröffentlicht.
 

Erster Nachweis eines mittelgroßen Schwarzen Lochs


Aber nicht nur die Nähe zur Erde macht diesen Fund besonders. Die Astronomie kennt für Schwarze Löcher unterschiedliche Massebereiche. Stellare Schwarze Löcher mit einer bis zu einigen Dutzend Sonnenmassen sind kleinere schwarze Löcher und vergleichsweise gut erforscht, ebenso wie supermassereiche Schwarze Löcher in den Zentren von Galaxien, mit Massen von Millionen oder sogar Milliarden Sonnen. Umfassende Beweise und Forschung zu mittelgroßen schwarzen Löchern fehlten hingegen – bis jetzt. Mit mindestens 8.200 Sonnenmassen ist das Schwarze Loch in Omega Centauri der erste Nachweis eines solchen mittelgroßen Schwarzen Lochs. 

Momentaufnahme der Galaxien-Evolution


"Omega Centauri ist etwas ganz Besonderes. Als Kern einer ehemals selbstständigen Galaxie, die dann mit der Milchstraße verschmolz und dabei alle Sterne außer jenen der Kernregion verlor, ist Omega Centauri eine Art Momentaufnahme aus der Galaxienevolution", erklärt Glenn van de Ven, einer der Autor*innen der neuen Studie und Leiter des Instituts für Astrophysik an der Universität Wien. Es gibt keine weiteren Verschmelzungen und keine Möglichkeit für das zentrale Schwarze Loch, zu wachsen. Das Schwarze Loch bleibt in der Größe erhalten, die es hatte, als Omega Centauri von der Milchstraße verschluckt wurde. "Wir wissen nicht genau wie supermassereiche Schwarze Löcher entstanden sind, aber es ist möglich, dass sie aus mittelgroßen Schwarzen Löchern gewachsen sind. Wir haben nun den ersten Beweis gefunden, dass es solche mittelgroße Schwarze Löcher tatsächlich gibt", ergänzt Postdoc Anja Feldmeier-Krause von der Uni Wien und ebenfalls eine der Autor*innen. 
 

Alle Infos zur Studie:

1,4 Millionen schnelle Sterne


Der nun gelungene Nachweis stellte die Astronom*innen vor eine zeitaufwändige Herausforderung. Federführend war Maximilian Häberle, ein Doktorand am Max-Planck-Institut für Astronomie und Leiter der Studie. Er bestimmte anhand von über 500 Archivbildern des Weltraumteleskops Hubble die Geschwindigkeiten von 1,4 Millionen Sternen. "Die Suche nach schnellen Sternen und die Dokumentation ihrer Bewegung war die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen", so Häberle. Doch am Ende hatte Häberle nicht nur den bisher vollständigsten Katalog der Bewegung von Sternen in Omega Centauri, er konnte zudem sieben auffällige, sich schnell bewegende Sterne in einer kleinen Region im Zentrum von Omega Centauri ausmachen. 
 

8.200 Sonnenmassen in Omega Centauri


Anhand dieser sieben Sterne mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Bewegungsrichtungen konnten Häberle und seine Kolleg*innen die unterschiedlichen Effekte trennen und feststellen, dass sich im Zentrum von Omega Centauri eine Masse mit mindestens 8.200 Sonnenmassen befindet. Diese detaillierte Untersuchung verschaffte den Forscher*innen auch statistische Sicherheit: Die Beobachtung von sieben solcher Sterne kann kein Zufall sein und lässt keinen Raum für andere Erklärungen als ein Schwarzes Loch. 

Beobachtungszeit mit dem Weltraumteleskop JWST soll in weiterer Folge noch mehr Details bringen, die Wissenschafter*innen wollen etwa die Bewegung der schnellen Sterne auf die Erde zu oder von ihr weg messen (Radialgeschwindigkeiten). Auch mit derzeit im Bau befindlichen neuen Instrumenten (GRAVITY+ am VLT der ESO, MICADO am Extremely Large Telescope) wird es möglich sein, Sternpositionen noch deutlich genauer zu bestimmen als mit Hubble. (red)
 

© Benjamin Furtlehner
© Benjamin Furtlehner
Anja Feldmeier-Krause ist Postdoc am Institut für Astrophysik der Universität Wien, ihr Forschungsschwerpunkt ist die Struktur und Bildung von Galaxienzentren.
© Barbara Mair
© Barbara Mair
Glenn van de Ven ist Professor für Theoretische extragalaktische Astrophysik an der Fakultät für Geowissenschaften, Geographie und Astronomie und Leiter des Instituts für Astrophysik.

Seine Forschungsgruppe ist eine der wenigen weltweit, die über das Fachwissen und die Mittel verfügt, um detaillierte dynamische Modelle von nahen Galaxien und Sternhaufen zu erstellen. Ziel ist es, herauszufinden, wie sich diese Sternsysteme im Laufe der Zeit aufgebaut haben, und ihre Massenverteilung zu messen, einschließlich unsichtbarer Masse wie etwa Schwarzer Löcher.