Kann KI-Feedback uns helfen, besser zu lernen?
Das Leben besteht daraus, Fehler zu machen und aus den Rückmeldungen zu lernen. Feedback ist ein zentraler Teil des Lernprozesses, auch in der Schule: Es kann Lernenden zeigen, wo sie im Vergleich zu einem Lernziel stehen und was sie verändern können, um dieses Ziel zu erreichen. Das kann zum Beispiel sein, dass eine mathematische Formel einen Fehler enthält oder in einem Aufsatz die zentrale These noch nicht klar formuliert ist. Gut gemachtes Feedback kann sehr wirksam sein: Studien zeigen, dass Lernende teilweise schneller Fortschritte machen, wenn sie Rückmeldungen zu ihren eigenen Antworten bekommen, als wenn sie zum Beispiel einfach ein Erklärvideo schauen – weil Feedback aktives Lernen unterstützt. Es geht also nicht um Bewertung, sondern Förderung im Lernprozess.
KI-Feedback kann beim Lernen unterstützen
Selbst wenn sich alles ändert: Lesen, Schreiben, Mathe, Problemlösen – grundlegende Kompetenzen bleiben unverzichtbar oder werden sogar noch wichtiger. KI sollte deshalb nicht als Ersatz, sondern als Chance verstanden werden: als Werkzeug, mit dem wir Lernen und Unterricht verbessern können. Wir müssen sie nur richtig nutzen. Gerade bei komplexen Aufgaben – etwa beim Schreiben längerer Texte im Deutsch- oder Englischunterricht, können Lehrkräfte schnell an zeitliche Grenzen stoßen, oder sie bedeuten zumindest viel Arbeitsaufwand. Hier hat KI großes Potenzial: Sie kann Lehrkräfte entlasten, indem sie mehr Feedback ermöglicht. Und mehr Feedback bedeutet mehr Chancen, aus Fehlern zu lernen.
Besonders in Situationen, in denen Lernende auf sich gestellt sind – etwa bei den Hausaufgaben – kann das einen Unterschied machen. KI-Feedback kann dazu beitragen, an Aufgaben dranzubleiben (bzw. den Text nochmal zu überarbeiten), wenn man nicht mehr weiterweiß, - sowohl bei den Hausaufgaben als auch in der Uni oder bei der Arbeit. Und Schüle*innen können sich bei Schwierigkeiten mithilfe der KI-Hinweise Schritt für Schritt einem besseren Verständnis der Aufgabe annähern. Erste Studien zeigen, dass KI-generiertes Feedback die Überarbeitung argumentativer Essays im Englischunterricht unterstützen kann. Und eine wachsende Zahl an Untersuchungen deutet darauf hin, dass KI-Feedback in vielen Fällen qualitativ kaum von dem einer Lehrkraft zu unterscheiden ist.
Aktives Lernen bleibt der Schlüssel
Natürlich darf KI nicht den Schreibprozess ersetzen. Wichtig ist, dass Schüler*innen aktiv mitdenken, und nicht den Lernprozess an die KI abgeben. Das ist auch beim Umgang mit Feedback wichtig: Was passiert beispielsweise, wenn Lernende mit Fehlern der KI im Feedback konfrontiert werden? Erste Studienergebnisse legen nahe, dass Lernen weiterhin möglich ist, solange die Studierenden die Fehler im KI-Feedback bemerken; sich also aktiv mit dem Inhalt auseinandersetzen. In Bezug auf die Motivation gibt es jedoch Grund zur Annahme, dass sie nachlässt, je mehr Fehler das Feedback enthält. Wie bei den meisten Forschungsergebnissen im Bereich KI gilt jedoch: Es sind nur erste Befunde, die zunächst vorsichtig interpretiert werden müssen. Mehr Forschung ist nötig, um die Herausforderungen fehlerhaften KI-Feedbacks in unterschiedlichen Fächern und Lernsituationen näher zu beleuchten.
Diskutieren Sie mit und stellen Sie Ihre Fragen an die Expertin
Beteiligen Sie sich live und diskutieren Sie mit der Expertin, welche Chancen und Risiken KI-gestütztes Feedback für Schule, Universität und lebenslanges Lernen mit sich bringt. Reagieren Sie selbst anders, wenn Feedback nicht von Menschen kommt? Finden Sie KI-Feedback motivierender als menschliche Rückmeldungen?
Jennifer Meyer ist am 9.12. online und beantwortet Ihre Fragen.
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Vertrauen wir KI-Feedback zu viel oder zu wenig?
Einige Studien zeigen, dass KI-Feedback oft unterschätzt wird. Wird identisches Feedback als "von der KI geschrieben" gekennzeichnet, schätzen viele Lernende (und Lehrkräfte) es schlechter ein. Teilweise ändern Studierende ihre Meinung zum Feedback sogar nachträglich, sobald sie erfahren, dass es nicht von einem Menschen, sondern von einer KI stammt (AI or Human? Evaluating Student Feedback Perceptions in Higher Education). Diese Befunde deuten zum einen auf fehlendes Vertrauen in die KI hin. Zum anderen fehlen bei KI-Feedback die sozialen Aspekte. Eine Annahme ist, dass das gut oder schlecht sein kann: Wenn Lernende beispielsweise Angst vor negativer Bewertung durch die Lehrkraft haben, kann KI-Feedback vielleicht besser angenommen werden. Gleichzeitig kann das Feedback jedoch möglicherweise auch weniger motivierend wirken. Hier fehlen bislang noch Studien; solche Erkenntnisse könnten aber dazu beitragen, KI-gestützte Lernszenarien zu entwickeln, die die Vor- und Nachteile von KI-Feedback im Zusammenspiel mit Lehrkräften und Peers bestmöglich nutzen und gleichzeitig Lehrkräften mehr Zeit für soziale Interaktion im Klassenraum ermöglichen.
Dieser Beitrag erscheint am 9.12. 2025 im Rahmen einer Medienkooperation zur Semesterfrage auf derStandard.at.
Weiterhin interessiert sie sich für die Rolle individueller Merkmale der Schüler*innen beim Lernen und dafür, wie Lerngelegenheiten mithilfe von Technologie auf individuelle Bedürfnisse adaptiert werden können.